Wissen

Wissen im Zeitalter der Informationsexplosion

Zu keiner Zeit war es leicht Universalgelehrter zu werden. Auch nicht vor einigen Jahrhunderten, als das verfügbare Wissen noch nicht so umfangreich war, wie das heute der Fall ist. Inzwischen wächst die Menge an Informationen schneller an, als es sich beispielsweise in der Renaissance lebende Menschen hätten vorstellen können. Daraus resultieren auch spürbare Veränderungen in den Bereichen Bildung und Ausbildung.

Das Wissen der Welt übersteigt das Fassungsvermögen des menschlichen Gehirns

Noch im 16. und 17. Jahrhundert gab es so genannte Universalgelehrte, die sich dadurch auszeichneten, dass sie in sehr unterschiedlichen Wissenschaftsgebieten umfangreiche Kenntnisse hatten. Glaubt man dem Kybernetiker und Didaktiker Helmar Frank, hat das Wissen der Menschheit etwa um das Jahr 1810 herum erstmals das Fassungsvermögen des menschlichen Gehirns überschritten. Einfach alles zu wissen, was man wissen kann, ist selbst für Intellektuelle vollkommen unmöglich geworden.

Aktuell geht man davon aus, dass sich das Wissen der Menschheit inzwischen in etwa alle fünf bis zwölf Jahre verdoppelt. Es wird vermutet, dass sich diese Rate mit der weiteren Verbesserung der technischen Kapazitäten zur Speicherung, Verarbeitung und Übertragung von Daten noch weiter beschleunigen wird.

Transformation von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft

“Nichts ist so beständig wie der Wandel”, wusste schon der antike Philosoph Heraklit. Diese 2.500 Jahre alte Erkenntnis trifft nicht nur auf Individuen, sondern auch auf Gesellschaften zu. Aus der Industriegesellschaft, die sich aus der Agrargesellschaft entwickelt hat, entsteht eine neue Wissensgesellschaft. Jeanette Hoffmann, Internetforscherin und Leiterin des Verbundprojekts “Internet und Politik” am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, schreibt dazu:

“Die Zeit der rauchenden Schlote, der Massenproduktion und monotonen Handarbeit ist vorbei, die Zukunft gehört der Wissensverarbeitung, den intelligenten und sauberen Jobs. Demnach befinden wir uns inmitten eines Strukturwandels, an dessen Ende die Wissensgesellschaft das Industriezeitalter abgelöst haben wird, so wie jenes einst die Agrargesellschaft verdrängte.”

Der Wissenszuwachs der Welt lässt sich näherungsweise an den Archiv-Beständen von Bibliotheken ablesen. Gab es im Jahr 1300 in der Sorbonne-Bibliothek 1338 Bände, so hat sich der Wissensschatz bis ins Jahr 1670 deutlich vervielfacht. In diesem Jahr konnte man in der Bibliothek der Universität Oxford schon 25.000 Bände zählen. Im Jahr 1990 sind es bereits 100.000.000 Bücher, Manuskripte und Abhandlungen. Und täglich erscheinen neue Zeitschriften, Bücher und Publikationen! In den nächsten Jahrzehnten werden wir voraussichtlich mehr Wissen anhäufen, als in den letzten Jahrtausenden.

Bildung ist mehr als nur Ausbildung

Der rasche Zuwachs von Wissen führt dazu, dass bereits existierendes Wissen immer schneller veraltet. Vor wenigen Jahrzehnten hatte man nach seiner Ausbildung ausgelernt. Heute gilt allerdings vielfach, dass das Wissen von Schülern und Studenten bereits zum Zeitpunkt ihres Abschlusses veraltet ist.  Ausbildung ist nie mehr “aus”, der rasante Zuwachs an neuen Informationen macht es erforderlich, sich immer wieder auf den aktuellen Stand zu bringen.

Ein entscheidender Vorteil ist, dass durch die Digitalisierung Wissen nicht mehr nur in teuren Kursen und Büchern zu finden ist. Ein großer Teil davon ist digital gespeichert und für jedermann kostenlos über das Internet zugänglich geworden.

Kompetenzerwerb statt Auswendiglernen

Biografien sind häufig nicht mehr nur dreiteilig. Lebensläufe, die aus einer Ausbildung, einem immer ähnlichen Erwerbsleben und dem daran anschließenden Ruhestand bestehen, werden zunehmend zur Ausnahme. Es wird immer wichtiger, mit neuen, unvorhergesehenen Situationen umgehen zu können. Wichtiger als zu “wissen, dass” wird das Know-how, das “wissen, wie”.

Da unsere Maschinen immer intelligenter werden, sind in der Wissensgesellschaft andere Fähigkeiten gefragt: Gebraucht werden jetzt Menschen, die die richtigen Fragen stellen und Maschinen dahingehend optimieren, dass sie zu den entsprechenden Bedürfnissen passen.Universalgenies sind heute also nicht mehr Personen, die alles wissen, sondern kreative Menschen, die die Fähigkeit besitzen, Kontexte herstellen zu können und, die es vermögen, souverän mit Wissen und Nichtwissen umzugehen.

Sie wollen mehr über dieses und andere spannende Themen erfahren? Dann melden Sie sich einfach zu unserem Newsletter an oder besuchen Sie eine unserer Tagungen.

Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Informieren Sie sich auch über unsere Tagungen zu den folgenden Themen: