Digital Roadmap

Digitaler Reifegrad: Sind Sie bereit für die Roadmap zur Digitalisierung?

Der Anteil der Unternehmen mit einer Digitalisierungsstrategie steigt stetig. Dennoch geben nur 33 % an, eine ganzheitliche, zentral definierte Strategie zu haben, die mehr als nur Einzelbereiche abgedeckt. Darüber hinaus empfindet fast die Hälfte der Organisationen, dass ihnen branchengleiche Wettbewerber voraus sind, die früher auf Digitalisierung gesetzt haben. Gleichzeitig investiert nur jedes vierte Unternehmen in digitale Geschäftsmodelle (Quelle: Bitkom Research, 2019).

Im IT-Management gilt Digitalisierung längst als Daueraufgabe. Neue Technologien schnellen auf die Märkte und verändern stetig Wirtschaft und Gesellschaft. In Zeiten der digitalen Transformation, und ganz besonders in Zeiten der Corona-Pandemie, wird im privaten sowie geschäftlichen Umfeld immer deutlicher, wie digital wir aufgestellt sind oder eher wie wir es sein sollten. Eine zukunfts- und konkurrenzfähige Positionierung im Markt ist für sämtliche Branchen essenziell. Eine solche kann nur gelingen, wenn sich Organisationen der Chancen ihrer eigenen Digitalisierung bewusst sind.

Ganzheitlicher Blick auf das Unternehmen

Gibt es in Ihrem Unternehmen eine strategische Vision? Schöpfen Ihre Innovationsprozesse Automatisierungsmöglichkeiten aus? Haben Sie KPIs zur Kontrolle und Steuerung der Digitalisierung auf Abteilungsebene definiert? Für eine erfolgreiche digitale Transformation bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes. Denn nicht nur die IT-Abteilung eines Unternehmens unterliegt den Veränderungsprozessen, welche die Digitalisierung auslöst, sondern das ganze Unternehmen. Neue Anforderungen sind zu analysieren und klare Konzepte und Strategien zu entwickeln. Im Idealfall gelingt das, indem Sie die Kompetenzen aus allen Abteilungen zentral bündeln sowie interne und externe Entwicklungen betrachten. Ein weiterer essenzieller Faktor ist der analytisch-methodische Umgang mit der Digitalisierung. Dabei gilt es zunächst, die möglichen Auswirkungen sowie die daraus resultierenden Handlungsanforderungen zu berücksichtigen.

So entwickeln Sie Ihre Digitalisierungsstrategie

Bei einer ambitionierten Digitalisierungsstrategie spielen vor allem die eigene Innovationsfähigkeit und Bereitschaft, bewusst und aktiv ins gestalterische Risiko zu gehen, eine tragende Rolle. Wer wissen will, wohin er möchte, muss zunächst herausfinden, wo er steht. Diese Herangehensweise klingt trivial, ist jedoch essenziell für jede tragfähige Digitalisierungsstrategie. Die darauf aufbauende Roadmap ist die Streckenkarte für die schrittweise digitale Transformation der eigenen Ressourcen, Prozesse und Geschäftsmodelle. Der erste Schritt einer Digitalisierungsstrategie sollte zunächst die Ermittlung des eigenen digitalen Reifegrades sein, um zu erkennen, wie die Organisation aufgestellt ist: In welchen Bereichen steht sie gut da und wo gibt es Raum für Verbesserung? Welche Prozesse sind geschäftskritisch, welche eher niedriger priorisiert zu betrachten? Auf dem Weg zur Erstellung einer Digitalisierungsstrategie sind eine Reihe von Schritten zu berücksichtigen:

1) Wo stehen Sie? – Erfassung des digitalen Status Quo

Der digitale Reifegrad beschreibt den „IST-Zustand“. Dieser ist anhand vordefinierter Kriterien festzustellen. Das ist etwa hilfreich, um die digitalen Stärken und Potenziale von Unternehmensprozessen zu erkennen.

2) Wo wollen Sie hin? – Zielbildentwicklung und Definition Ihrer Digitalisierungsvision

Der Status Quo bildet eine solide Grundlage, um das Zielbild, also den „SOLL-Zustand“, zu entwickeln. Hierbei müssen Sie klar festlegen, wie sich Ihr Unternehmen in Bezug auf die Digitalisierung in Zukunft aufstellen möchte.

3) Wie wollen Sie zum Ziel? – Ausarbeitung einer digitalen Streckenkarte – Ihrer Digitalisierungsroadmap

Sie definieren, wie Sie Ihre Digitalisierungsvision erreichen. Dafür setzen Sie Meilensteine und bereichsspezifische Ziele.

Ad 1) Erfassung Ihres individuellen digitalen Reifegrades – Das Reifegrad-Modell

Bevor Sie eine umfassende Digitalisierungsstrategie ausarbeiten können, muss Klarheit über die aktuelle Situation herrschen. Dabei ist die Systematik der Analyse entscheidend. Es gilt, alle Entwicklungsfelder eines Unternehmens einzubeziehen. Dazu lassen sich die folgenden fünf Dimensionen identifizieren:

  • Strategie

Zur effizienten Bewältigung der Herausforderungen durch Digitalisierung bedarf es in Unternehmen einer individuellen Digitalisierungsstrategie. Die Digitalisierungsstrategie sollte klar definierte Ziele formulieren, die dokumentiert, spezifisch und messbar sind. Diese sollte man proaktiv in allen Organisationsentscheidungen vorantreiben.

  • Mitarbeiter & Produktivität 

Weiche Faktoren wie Mitarbeiter und Kultur geben Auskunft über Flexibilität, Motivation und Wandlungswillen. Diese sind essenziell und daher in einer adäquaten Tiefe zu erfassen.

  • Prozesse & Effizienz 

Als zentrale Drehscheibe für die Funktionalität und auch den Digitalisierungsfortschritt erfasst jede Abteilung ihre Prozesse unabhängig. Gerade hier können grobe Abweichungen und Differenzen großen Aufschluss über Handlungsbedarfe bezüglich der Digitalisierung geben.

  • Geschäftsmodelle 

Produkte und Dienstleistungen sollte man auf einem branchenunspezifischen Level messen. Das gibt Aufschluss über ihre Innovationskraft in diesem Bereich. Auf dieser Ebene können gut Vergleiche und essenzielle Anknüpfungspunkte eruiert werden.

  • Kunden, Partner & Außenwirkung 

Die Dimension Kunde, Partner & Außenwirkung dient nicht etwa zum Erfassen der Vertriebsprozesse. Vielmehr ist der Fokus auf die externe Wahrnehmung und Interaktion mit dem Kunden gerichtet. Unternehmensexterne sollten die Digitalisierung erfahren können. Die Digitalisierung sollte idealerweise auch die Interaktion vereinfachen.

Diese fünf Kategorien ermöglichen mit ihren Subdimensionen (siehe Abbildung 1) eine granulare und differenzierte Erfassung des digitalen Reifegrades in unterschiedlichen Unternehmenskontexten. Daraus kann man Handlungsbedarfe ableiten.

Digitaler Reifegrad
Abbildung 1: Dimensionen und Subdimensionen digitaler Reifegrad

Wie erfolgt die Reifegrad-Messung in der Praxis?

Eine strukturierte Erfassung nach dem vorstehenden Modell kann durch die Beantwortung spezifischer Fragebögen geschehen. Diese Fragenkataloge erfassen den digitalen Status-Quo. Sie sollen als Basis für das Aufstellen einer Streckenkarte zur Digitalisierung fungieren. Um ein möglichst genaues Bild der Lage zu erhalten, sollten die zuständigen Fachabteilungen und Entscheider den Fragenkatalog beantworten. Gerade auch das Einholen der Meinungen mehrerer im Fachbereich tätiger Mitarbeiter ist wichtig. Daraus ergeben sich aufschlussreiche Einblicke in individuelles Empfinden und somit wertvolle Anknüpfungspunkte für Optimierungspotenziale. Digitale Kollaborationstools können dabei unterstützen und so die Zusammenarbeit vereinfachen – ganz im Sinne der digitalen Transformation.

Durch die quantitative Auswertung der Antworten erhalten Sie für jede Subdimension einen Einzel- sowie einen Gesamtscore. Diese kann man in einem Reifegradcockpit übersichtlich anzeigen (siehe Abbildung 2). Daraus ergibt sich Ihr Abschneiden auf der Digitalisierungsskala. Identifizieren Sie dann auf Basis der Ergebnisse Handlungsfelder! Betrachten Sie deren Umsetzung nach Aufwand und Wirkung differenziert!

Abbildung 2: Reifegrad-Cockpit

Haben Sie Ihren Reifegrad ermittelt, so ist es wichtig zu bedenken, dass die digitale Transformation nicht durch kurzfristigen Aktionismus, sondern durch langfristige Planung und Umsetzung geprägt ist. Nach der Analyse der Digitalisierungsscores gilt es, diese im Rahmen Ihrer Digitalisierungsvision zu betrachten und darauf aufbauend eine Streckenkarte zur Umsetzung zu definieren. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die strategischen Ziele auch realistisch sind und das Zielbild für die nächsten Jahre konkret messbar und erreichbar ist.

Ad 2) Zielbildentwicklung

Nach der Analyse des Ist-Zustandes, gilt es Handlungsfelder und Lösungsansätze auszuarbeiten. Dabei sollten identifizierte Potenziale realisiert und Ihre digitalen Stärken ausgebaut werden können. Dieses Vorgehen lässt sich allerdings nur erfolgreich umsetzen, wenn Sie das Zielbild vorher genau ausformuliert haben. Letztendlich müssen die Handlungsoptionen nämlich der Zielerreichung dienen. Damit man die Lösungsansätze grob bewerten kann, erstellt man für jeden Ansatz einen Steckbrief. Dadurch erhält man eine möglichst aussagekräftige Einordnung der Ideen. Im Anschluss bewertet man sie nach ihren Vorteilen und dem damit verbundenen Aufwand. So lassen sich Quick-Wins und langfristige Umsetzungspakete identifizieren. Diese Optionen lassen sich anhand ihres voraussichtlichen Einflusses auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zuordnen.

Abbildung 3: Realisierungsmatrix

Basierend auf den vorangegangenen zwei Schritten bietet die Realisierungsmatrix eine Übersicht über die identifizierten Maßnahmen. Sie ermöglicht es, einzelne Lösungsansätze anhand der zwei Kriterien „erwartete Vorteile“ und „erwarteter Aufwand“ einzuordnen. Auf dieser Grundlage können Sie dann den Maßnahmenkatalog sinnvoll strukturieren. Nach der gezielten Zuordnung und Betrachtung, kann man ein klares Zielbild definieren. Wie wollen Sie sich kurzfristig verbessern und langfristig aufstellen? Welche Potenziale bieten nur einen geringen Mehrwert oder erfordern eine zu hohe Investition in Ressourcen? Die Frage nach dem „Wo wollen wir hin?“ wird in Ihrer Vision festgehalten.

Ad 3) Ausarbeitung einer digitalen Streckenkarte – Ihrer Digitalisierungsroadmap

Haben Sie ihre Handlungsfelder identifiziert und bewertet, beginnt im dritten Schritt die Planung der Implementierung der ermittelten Quick-Wins und der langfristigen Lösungen. Bringen Sie hierzu die Maßnahmen in eine sinnvolle zeitliche Reihenfolge und halten Sie diese in einer individuellen Roadmap fest!

Für Quick-Win-Projekte, die in den nächsten Monaten umgesetzt werden sollen, wird die Ablaufplanung zuerst durchgeführt. Für langfristigere Projekte werden Maßnahmen und Auswirkungen genauer betrachtet. Hier kann es hilfreich sein, individuelle Business Cases zu erstellen. Dabei sollte man Effizienzsteigerung, Kostenreduktion, und Innovation berücksichtigen. Die längerfristigen Vorhaben sollten sich im Fahrplan für die nächsten drei bis fünf Jahre befinden.

Die Entwicklung einer Roadmap ist nach einmaliger Erstellung jedoch nicht abgeschlossen. Es gilt diese kontinuierlich nach Zielerreichung zu überprüfen. Außerdem sind Verantwortlichkeiten, Ziele und Zeitpläne für die Einzelmaßnahmen zu vereinbaren. Dabei sollte man realistische Zeitziele und feste Meilensteine definieren.

Vergessen Sie bei der Aufstellung der Streckenkarte nicht auf die Unternehmensorganisation und -kultur! Neue Technologien, Anforderungen und eine neue Strategie führen dazu, dass sich auch die gesamte Organisation des Unternehmens anpassen muss. Mitarbeiter sollten demgegenüber nicht verschlossen sein und müssen abgeholt werden. Die Unternehmenskultur beeinflusst maßgeblich das Gelingen einer Digitalisierungsstrategie.

Fazit

Eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie, die sämtliche relevanten Unternehmensbereiche abdeckt und alle involvierten Mitarbeiter berücksichtigt, ist heute essenziell. Die gründliche Entwicklung bedarf personeller und zeitlicher Ressourcen. Diese Investition zahlt sich aus. Eine ausgeklügelte Digitalisierungsstrategie mit Transformationsroadmap bietet ein klares Gerüst, um Handlungsschwerpunkte systematisch zu erschließen, Aktivitäten zentral zu koordinieren und eine Vision unternehmensweit auszurollen und zu verankern. Eine eindeutige Kommunikation bevorstehender Veränderungen hilft dabei, dass sich Mitarbeiter und Führungskräfte abgeholt fühlen und mit dem Unternehmen identifizieren.

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Stefan Uebe

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